Über siebentausend Euro per Urteil und eintausendzweihundert Euro per Vergleich haben in der letzten Adventswoche zwei Taxikollegen an den Berliner Arbeitsgerichten erkämpft. Es ist interessant die Umstände zu vergleichen, wie es dazu kam.
Die erstrittenen siebentausend Euro sind kein Pappenstiel und doppelt hart verdientes Geld. Der Kollege brauchte zwei Jahre Geduld und starke Nerven, bis ihm endlich Gerechtigkeit zuteil wurde. Ein Streit durch zwei Instanzen, ein in der ersten Instanz vereinbarter Vergleich, den der Arbeitgeber platzen ließ, Wochen Arbeit für die Auswertung von Arbeitszeitaufzeichnungen auf Papier, immer wieder Treffen mit seinem Anwalt, Diskussionen über das juristische Prozedere, Erwiderungen auf Schriftsätze des Arbeitgebers und vier Verhandlungen bei Gericht waren erforderlich, bis er in dieser Woche mit vierjähriger Verspätung den vollständigen Lohn für seine Arbeit im Jahr 2018 zugesprochen bekam.
Möglich war das, weil dem mittellosen Kollegendie Prozess- und Anwaltskosten vom Land Berlin verauslagt wurden. Das nennt sich Prozeßkostenbeihilfe, die allen Armen zusteht. So gut wie alle Taxifahrer fallen heute in diese Kategorie und dürfen darauf zählen, dass auch sie vor Gericht ziehen können, um nicht gezahlten Lohn und andere Verletzungen ihrer Rechte geltend zu machen.
Es brauchte auch den von der Sache überzeugten, für das Gericht überzeugenden Anwalt Benedikt Hopmann, der sich in die für Außenstehende schwer verständlichen Zusammenhänge des Taxigewerbes intensiv eingearbeitet hat. So konnte er den Richtern in beiden Instanzen erklären, wieso sein Klient viel länger gearbeitet hatte als es die Lohnabrechnungen des Taxiunternehmens behaupteten. Kurz ist es ihm gelungen vor Gericht eine neue Regel durchzusetzen, die besagt, dass die Arbeitszeit eines Taxi- oder Mietwagenfahrers vom Einsteigen in sein Auto und der Anmeldung an Taxameter oder App bis zur Abmeldung von der Zeiterfassung dauert. Abzuziehen von dieser Zeit sind nur die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen, denn die vom Taxameter in eine Datenbank geschriebenen Pausen sind in aller Regel nicht nachvollziehbar und entbehren damit jeglicher Beweiskraft.
Das zweite Verfahren dauerte keine Jahre sondern nur eine halbe Stunde wie viele Arbeitsgerichtsverfahren unter zivilisierten Parteien. Unser Kollege hatte neben dem Taxifahren eine Tätigkeit als Schulhelfer angetreten. Pech für ihn passte seine Nase den Berufspädagoginnen nicht und er wurde in der Probezeit gekündigt. Dabei hatte es der Arbeitgeber unterlassen, alle Vorschriften zu beachten, und musste den vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich akzeptieren, der eine Entschädigung in Höhe eines knappen Monatsgehalts und ein gutes Arbeitszeugnis beinhaltet.
Hier benötigte der Kollege keine staatliche Unterstützung, denn die Gewerkschaft ver.di stellte ihrem Mitglied die Anwältin und übernahm die Kosten. Die erfahrene Arbeitsrechtlerin hatte das Verfahren routiniert gut vorbereitet und schaffte es ungeachtet der Probezeit, innerhalb derer eine Kündigung jederzeit möglich ist, für ihren Mandanten eine Entschädigung zu verhandeln.
Die Weihnachtsgaben vom Arbeitsgericht werden erst im neuen Jahr auf den Konten der Kollegen eingehen, aber wir dürfen uns schon jetzt für sie freuen. Wir profitieren alle davon. Auch Taxifahrer haben Rechte, wir müssen sie nur einfordern. Am besten zusammen mit unserer Gewerkschaft.
Frohe Weihnachten !