10 Jahre Open Data:Ein Blick in die Zukunft - Organisiert von Projekt Zukunft Berlin
Der erste Berlin Open Data Day (BODDY) fand vor zehn Jahren im Haus der Senatsverwaltung für Wirtschaft angestossen von Senator Harald Wolf statt. Weil für Taxifahrer offene Stadtdaten von hoher Bedeutung waren und sind, nahm ich damals teil und verfolge seitdem die Anstrengungen der Berliner Politik, Daten der Verwaltungen zu veröffentlichen und für alle nutzbar zu machen. Heute bin ich neugierig darauf zu erfahren, welche Fortschritte es gibt, die für alle Kolleginnen und Kollegen am Steuer der Berliner Taxis von Nutzen sein können.
Die Empfehlung des Veranstalters:
Nehmen Sie gerne am Livestream teil: https://youtu.be/v4sS_yGK_6U
Auf dem Weg
So sieht sich Berlin gerne.
Dieser Anblick hebt das städtische Selbstbewußtsein ganz und gar nicht.
Im Dachgeschoß des Stilwerks findet die Veranstaltung statt. Staatssekretär Christian Rickerts hält die Eröffnungsansprache.
Programm
9.00 – 9.20 Uhr: Eröffnungsrede: Berlin Open Data – Was haben wir erreicht?
Christian Rickerts, Staatssekretär für Digitalisierung in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Christian Rickerts sagt zum Beginn der Veranstaltung: Es gibt jetzt in zahlreichen Verwaltungen Open Data Beauftragte. Er bezeichnet die Agentur ODIS als wichtige Unterstützung der Open Data Beauftragten in den Behörden.
Ein greifbares Ergebnis der Open Data Prozesse ist laut Staatssekretär Rickerts, dass im Zuge der Covid-Epidemie eine Visualisierung von Gehwegbreiten verwirklicht wurde. Sie unterstützt die Vergabe von Genehmigungen für Gastronomie im öffentlichen Raum.
9.20 – 9.30 Uhr: 10 Jahre Berlin Open Data: Ein Rückblick (Film)
Neuigkeiten und Positionen
9.30 – 9.50 Uhr: Wir haben endlich Gesetze. Und jetzt?
Die Zukunft von Open Data Berlin: Impulse aus der Community Henriette Litta, Geschäftsführerin Open Knowledge Foundation Deutschland e.V
Henriette Litta erwähnt, dass auch die ODF 2011 vor 10 Jahren gegründet wurde. Seitdem ist aus einem Thema für Freaks eines auch für Anzugträger geworden.
Nach Frau Litta gibt es immer mehr offene Daten und neue tolle Projekte. Dabei fehlt es an sinnvollen Strukturen, an ganzheitlichem Blick und Bedarfsanalysen. Es muss weniger von den Daten und mehr von den Problemen und Bedarfen her gedacht werden.
Es fehlen menschliche Schnittstellen, um die Zivilgesellschaft in die OD-Ansätze einzubinden. Ein echtes Transparenzgesetz und Durchsetzungsmöglichkeit fehlen noch. Das Informationsfreiheitsgesetz ist nur ein erster Schritt in diese Richtung.
Open Data und Open Government sollten gesetzlich verankert und Standard werden. Die grundsätzliche Erlaubnis zur Nutzung öffentlicher Daten durch alle und die Pflicht zur Bereitstellung von API müssen in ein kommendes Gesetz aufgenommen werden.
Ein Blick über den Tellerrand aus Wien, Brigitte Lutz, Data Governance-Koordinatorin der Stadt Wien
Brigitte Lutz spricht über Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von Open Data . Sie setzt sich für die Veröffentlichung aller Daten unter einer CC-BY Lizenz ein. Das geschieht in Wien seit dem Jahr 2011. Seit 2019 gilt Open by default in den Wiener Verwaltungen.
Entstehen soll ein digitaler Zwilling der Stadt Wien. Bereits heute werden 549 Datensätze werden von 310 Apps genutzt.
Open Data führt zu besserer Datenqualität, weil fehlerhafte Daten schnell sichtbar werden. Dadurch ändert sich der Mindset in den Verwaltungen, so dass mehr Daten zugänglich gemacht werden.
9.50 – 10.05 Uhr: Was sind hochwertige Datensätze, und welches Potenzial steckt in ihnen?
Präsentation der BMWi-Studie zu High-Value Datasets (Fraunhofer FOKUS) & des Projekts „Kerndatensätzefür Berlin“ (ODIS)
Lina Bruns, Fraunhofer FOKUS und Victoria Boeck, Technologiestiftung Berlin – ODIS
Lina Bruns spricht sehr technisch über die Definition und Identifikation so genannnter High-Value Datasets. Ihre Definition lautet, dass High-Value Datasets solche mit hohem Potenzial sind. Es geht um politische Entscheidungen auf Brüsseler Ebene, denen Fraunhofer zuarbeitet.
Victoria Boeck behandelt "Kerndatensätze" für Berlin. Das sind Daten, die für das Funktionieren der demokratischen Gesellschaft erfordelich sind. Es gibt Konzepte und Veröffentlichungen dazu aber noch keine Umfassende Strategie oder Datenzugänge, mit denen wir arbeiten können.
10.10 – 11.00 Uhr: Open Data während und nach der Corona-Pandemie: Erfolgsgeschichten,
Herausforderungen und Lessons learned Panel-Diskussion
Priv.-Doz. Dr. med. Linus Grabenhenrich, MPH., Robert-Koch-Institut, Brigitte Lutz, Data Governance - Koordinatorin der Stadt Wien, Thomas Tursics, Code for Germany, Helena Wittlich, Redakteurin Tagesspiegel Innovations Lab
Moderiert von: Sebastian Askar, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und Victoria Boeck, Technologiestiftung Berlin – ODIS
Linus Grabenhenrich berichtet, dass er zu Beginn der Covid-Epidemie am RKI mit 1,5 Stellen mit der Datenaufbereitung und Veröffentlichung begonnen hat sich mittlerweile etwa 30 Menschen beim RKI darum kümmern. Ein positiver Aspekt der Pandemie ist aus seiner Sicht, dass Begriffe wie Inzidenz Gemingut geworden wird und sich ein starkes öffentliches Bewusstsein für Datenqualität entwickelt hat.
Thomas Tursics musste seine Initiative aus der Bürgergesellschaft umstrukturieren, weil epidemiebedingt keine Treffen seiner Freiwilligen möglich waren. Das größte Problem in den Verwaltungen sind für ihn auf diverse Rechner verteilte Excel-Dateien. Es fehlt generell Zeit, alle erforderlichen Aufgaben anzugehen, wobei Datenrecherche aufgrund der unübersichtlichen Lokalisierung der Daten der größte Zeitfresser ist.
Brigitte Lutz berichtet von einem Daten Hype durch Covid in Wien und ganz Österreich, der dann ausgebremst wurde durch bundesstaatliche Eigenheiten und die Verweigerung der ZUsammenarbeit durch privater Datenhalter wie Krankenhäusern in privater Trägerschaft.
Bis hier kann die Veranstaltung so beschrieben werden: Alte Bekannte erzählen ihrem Stammpublikum, was dieses im Prinzip bereits weiß: EInerseits nimmt die Nutzung und Bereitstellung offener Daten zu. Open Data setzt sich langsam in den Behörden durch. Probleme und Widerstände gegen Open Data bleiben dabei in den Behörden bestehen und müssen regelmäßig von Neuem angegangen werden.
Behörden-Projekte
11.30 – 12.00 Uhr: Vorstellung neuer Datenplattformen aus der Verwaltung
Die neue Mobilitätsdatenplattform der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Robert Budras-Krüger, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Robert Budras-Krüger spricht zunächst über Verwaltungsstrukturen und ihre Folgen für die Datensete. Seine Einrichtung ist die Veröffentlichung der Verkehrsdetektor Daten. über einen FROST Datenserver gelungen. Es gibt nun eine Echtzeit-Anzeige, die erweitert wird.
Von dem GSI Portal zur neuen Sozialdatenplattform David Kraft, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
link zum derzeitigen GSI-System
David Kraft über das Sozial Info System in Entwicklung. Es gibt eine Open Data Rechtsverordnung. Die Auswertung von Sozialdaten aus den z.B. Sozialämtern / Jobcentern wird auf absehbare Zeit weiterhin per Export und menschlicher Zwischenbearbeitung erfolgen. Von einheitlichen Datenmodellen und Übertragungsprotokollen sind die Sozialverwaltung und ihre zahlreichen Unterbehörden noch weit entfernt.
Bei ihm wird viel Arbeit in rechtskonforme Datensatzbeschreibungen investiert. Er bevorzugt Open Source, um transparent und effizient zu sein.
In der Realität besteht die verbreiteteste Schnittstelle für Datenimport und -export immer noch aus Excel-Listen, die per Mailübermittelt werden.
Auch David Kraft erwähnt die immer noch vorhandenen vielfältigen behördeninternen Widerstände gegen Open Data.
Link zum Prototyp des Sozial-Informations-Systems
Leuchtturmprojekte
12.00 – 13.00 Uhr: Leuchtturmprojekte aus dem Berliner Open-Data-Ökosystem
1. EnergyHackday: Mit Daten die Energiewende in der Stadt gestaltenMarcus Schumacher, Projektmanager Stromnetz Berlin GmbH und Dr. Sandra Maeding, Programmleiterin Digitalisierung im Bereich Assets, Stromnetz Berlin GmbH
Dr. Sandra Maeding beschreibt, dass die Energiewende nicht ohne Daten funktioniert. Open Data hält sie für die beste Methode, Qualität und Verfügbarkeit sicher zu stellen. Das zentrales Projekt für dir heisst WindNode. Stromnetz Berlin stellt seine Datensätze auf daten.berlin.de bereit. Die Nutzung der Daten wird mit Hackathons beworben, den EnergyHacks zur Ideenentwicklung. Dabei entstehen keine Steuerungssysteme für das Stromnetz sondern pädagogische und Endnutzer-Projekte.
2. WaterHackathon: Herausforderungen des Wasserökosystems in Berlin mit offenen Daten meistern, Margaux Huth, Technische Universität Berlin & Einstein Center Digital Future
Siling Chen spricht anstelle von Margaux Huth über urbane Herausfordeungen, d.h. Versiegelung, Überflutung bei Starkregen und Erkenntnisse, die per Open Data gewonnen werden können.
Sie haben ein Open Data Hackathon gemacht. Sie haben dabei pädagogische und Steuerungsansätze entwickelt. Dazu gibt das Foto einer Präsentationsfolie.
3. Umweltdaten aus dem FIS-Broker zugänglich gemacht: Der neue Umweltatlas Manuel Döllefeld, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
Manuel Döllefeld beschreibt sein Angebot als eines, das auch lange Zeitreihen aus der Vergangenheit bietet. Dabei wird Interpretationshilfe geleistet, um auch Laien Teilhabe an der Stadtentwicklung zu ermöglichen.
Der Umweltatlas auf berlin.de setzt das um. Interessante Bemerkung: Open Data reduziert seiner Erfahrung nach die Kontakte zu Anwendern. Das ist ein Problem für die Qualitätsbeurteilung und inhaltliche Weiterentwicklung.
4. Wahlbezirke-Editor: Mit offenen Daten Wahlbezirke leichter zuschneiden
Evelyne Brie und Lisa Stubert, Technologiestiftung Berlin – ODIS
Der Wahlbezirke-Editor soll erforderliche Wahlbezirksanpassungpen automatisieren. Die Gefahr des Gerrymandering wird von der Vortragenden nicht behandelt.
13.00 – 13.10 Uhr: Schlusswort „10 Jahre Berlin Open Data“
Sebastian Askar, Zentraler Open Data Verantwortlicher des Landes Berlin
Fazit
Die Veranstaltung war interessant, leider jedoch ohne bahnbrechende Neuigkeiten. Gelernt habe ich einiges über Angebote auf den kommunalen Recherche- und Datenplattformen. Bevor daraus Nützliches für die Arbeit als Taxifahrer oder Taxi-Soziallotse wird, muss weiter lange nachgedacht und umfangreich programmiert werden. So besteht der Gewinn der Veranstaltung letztlich darin, einen Einblick in die Werkstatt vieler engagierter und hochqualifizierter Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltungen und Beratungsunternehmen getan zu haben.
Die wichtigen Änderungen, etwa bei der Taxi-Aufsichtsbehörde LABO, blieben unerwähnt. Ebenfalls wurde kein Wort über die anstehenden Verhandlungen mit Uber, AirBnB und anderen Plattformen über die Freigabe von deren Daten. Open Data darf keine EInbahnstraße bleiben, denn das "Öl des 21. Jahrhunderts" sollte zuerst der Allgemeinheit zugute kommen. Für uns Kutscher wäre mit dem Zugriff auf alle Mobilitäts- und Veranstaltungsdaten der Aufbau einer Taxi-Plattform vorstellbar, die uns aus den Klauen der Monopolisten befreit. Dahin ist der Weg noch weit. Unsere Interessen haben in die Praxis der Behörden bislang keinen Zugang gefunden.
Zum Nachhören gibt es die ganze Veranstaltung auf Youtube